In meiner Arbeit Preußisches Alphabet setze ich mich
mit dem Verhältnis zwischen einzelnen Menschen als Soldaten und einem
autoritären System auseinander, in welchem Zucht und Ordnung, Gehorsam,
Unterwürfigkeit und Pflichtbewusstsein als absolute Tugenden gelten. Beim
Rundgang durch die furchteinflößenden Gemäuer der riesigen Festung stößt man
immer wieder auf architektonische Hinterlassenschaften, die beredtes Zeugnis
vom Alltag der Menschen ablegen, die sich massenweise, mehr oder weniger
freiwillig, in ein militärisches System ergeben haben, in dem der Einzelne
nichts und die Staatsmacht alles bedeutet. Wer kennt nicht die Geschichte vom
Hauptmann von Köpenick, die uns zeigt, wie sich Macht und Untertanengeist
alleine durch eine Uniform auch in der zivilen Gesellschaft manifestieren,
wobei auch die soziale Kehrseite dieses Systems sichtbar wird? Ein solches
System funktioniert nur durch strikte Einhaltung von Regeln und Befehlen, durch
täglichen Drill und die Aufgabe jeglicher persönlicher Bedürfnisse zugunsten
eines sogenannten „Kadavergehorsams“.
Angesichts der engen, kalten und kargen Quartiere
kann man sich gut vorstellen, wie wenig Individualismus und Menschenwürde dem
einzelnen Soldaten, dem einzelnen Menschen, da noch bleiben. Wer sich nicht
unterordnet, nicht gehorcht, wird bestraft; wird durch den Kerker auf den Weg
der Zucht und Ordnung zurückgezwungen. Von A wie ARREST bis Z wie ZUCHT tauchen
für mich immer wieder Begriffe auf, die auf diese fragwürdigen preußischen
Tugenden hinweisen. Ich frage mich, welche menschlichen Schicksale sich hier
zugetragen haben, wie viele Tränen, Qualen und Erniedrigungen es in dieser
total entindividualisierten Zwangsgemeinschaft gegeben hat, welche menschlichen
Schicksale sich hier zugetragen haben. In meiner Installation möchte ich beim
Durchschreiten der Wortfolien die Begegnung mit diesen Begriffen persönlich und
körperlich erfahrbar machen.