Freitag, 1. September 2017

11. Lillie Khan



Lapidarium


QUO VADIS 2017?

Die Festung Ehrenbreitstein und die Stadt Koblenz haben beide ihre Geschichten zu erzählen: von der römischen Eroberung bis zur französischen Besatzung, über Hinrichtungen und Begnadigungen. Wer waren die Menschen, die im Laufe der letzten 5000 Jahre dort gelebt, gearbeitet, gehofft, geliebt und gekämpft haben? Wie haben sie gelebt? Wie gedacht und wovon geträumt? Worauf haben sie gehofft, und was hat sie zur Verzweiflung gebracht? Wie erlebten sie Liebe, Freundschaft und Verrat? Wie und wofür haben sie gekämpft?
Welche Flut von Dramen, Verrat und Verbrechen, Kriegen und Versöhnungen, List und Tücke, Edelmut und Barmherzigkeit haben die Wände in sich gespeichert? Wie viele Menschenfüße, Pferdehufe gelaufen, wie viele Räder über den Boden gerollt? Welche Köpfe sind gefallen, wie viele Arme haben zu den Waffen gegriffen, wie viele Tränen und Schweiß sind geflossen? Wie viel Blut musste vergossen werden? Welche Werkzeuge, Waffen und Entscheidungen waren die Ergebnisse welcher Ideen, Gedanken, Absichten und Ideologien? Wer hat die Vorherrschaft, wer wird beherrscht? Wie beeinflusst das historisch gelebte Leben unser Leben und Handeln heute? Wie werden unsere Werte und Entscheidungen heute das zukünftige, noch nicht gelebte Leben bestimmen? Was bedeutete Fortschritt damals, und wie schreiten wir heute fort und wenn ja wovon?
In Sebastian Brants 1494 erschienenem Narrenschiff heißt es „Mundus vult decipi“ (zu Dt.: „die Welt will betrogen sein“), später wandelt sich dieses Zitat in „Mundus vult decipi, ergo decipiatur“ (zu Dt.: „Die Welt will betrogen sein, darum sei sie betrogen“). Ist dies noch heute zeitgemäß? Muss der Mensch wirklich betrogen werden? Wie hat sich unser Moralverständnis im Lauf der Jahrhunderte, über die industrielle Revolution, Psychoanalyse, Emanzipation, die 1968er und die sexuelle Revolution, die Erfindung des Internets als ein weiteres, neues Kommunikationsmittel, bis heute verändert? Wie hat sich die Sprache verwandelt? Wie betrachten und erzählen wir unsere Geschichte(n), und welche Schlussfolgerungen ziehen wir aus ihnen? Legen wir unser Augenmerk auf das Trennende, um zu überprüfen, oder suchen wir in unseren Auseinandersetzungen mit unserer Umwelt, den Mitmenschen und uns selbst das Verbindende, im Bewusstsein der Unterschiede? Wie definieren wir heute die Begriffe „Ich“, „Selbst“, „Ego“ und „Identität“? Wie haben sich die Liebe und unsere Liebesfähigkeit, unser Glaube und unsere Glaubwürdigkeit verändert? Was motivierte damals die Menschen und was motiviert uns heute? Inwieweit hat die Wissenschaft unser Denken verändert, wie unser Bewusstsein, unsere Kreativität, unser Handeln und Urteil? Wie hat sich aus der Rechtsprechung damals unser Rechtsverständnis heute entwickelt? Wie hat sich unsere Haltung zum Thema Leben und Tod verändert?

Was bedeutet ein „Menschsein“ im Zeitalter der Digitalisierung und Industrie 4.0?
Die historischen Gegebenheiten dieses Ortes sind sehr gut dokumentiert, und die Betrachtungsweise der Ereignisse und des Lebenswandels über die Jahrtausende wird allein durch unsere eigene, begrenzte Perspektive limitiert. Ausgangspunkt für QUO VADIS 2017? ist der historische Kontext und die extrem spannungsgeladene und besondere Atmosphäre der Festung, die, solange sie existiert, uns erinnern wird, wozu wir Menschen fähig sind.
Die Arbeit QUO VADIS 2017? ist dreiteilig und bewusst variabel konzipiert. Sie besteht aus dem ersten Teil Lucis et Amoris: Licht und Liebe: La Guillotine. Die Guillotine spielt in der Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz keine unbedeutende Rolle.
Der zweite Teil der Arbeit, Cogito ergo sum?: Ich denke also bin ich: gefällte Köpfe. Der Staub der Toten, tanzt glitzernd mit der Botschaft im Sonnenlicht, dass „das Ich“ als ein sich verändernder Aggregatzustand einer universellen Idee zu verstehen ist. Eine ausgewählte Figur der Sammlung und der eigene Kopf (Lillie Khan) werden mit dem 3D-Scanner erfasst, nachmodelliert und 3D gedruckt und kaschiert und auf einen Stahlpflock fixiert. Diese schauen mit dem Betrachter in das verspiegelte Messer der Guillotine.
Der dritte Teil der Arbeit heißt Numinibus sacra facere: den Göttern Opfer bringen: Hände mit Waffen von Soldaten, die Menschen sind und zugleich Menschen für Ideen töten, wird nicht gezeigt.
Mein besonderer Dank gilt: ark.ev, Yngve Birger Lund, Metallbau Happ, Shining 3D, Familie & Freunde
 





















Kontakt:

Lillie Khan, Wiesbaden, Harry-Truman-Strasse 6 67591 Wiesbaden
M: +49(0)174 3433696 E: lillie.khan@me.com