Freitag, 1. September 2017

Ausstellungskonzept

Die arbeitsgruppe rheinland-pfälzischer künstler (ark e.V.) hatte 2002 in Zusammenarbeit mit dem Mittelrhein-Museum Koblenz 17 Künstler eingeladen und mit NEXUS I eine erfolgreiche, viel beachtete Ausstellung gezeigt. Deren Besonderheit bestand darin, dass sich jeder Künstler ein Werk der ständigen Sammlung auswählte, um diese zum Ausgangspunkt einer eigenen Arbeit zu machen.
Die Auseinandersetzung mit dem Thema des Zusammenknüpfens war aber auch nach der erfolgreichen Ausstellung noch nicht beendet. Als das Mittelrhein-Museum neue Räumlichkeiten am Zentralplatz bezog, nahm die Vorstellung von NEXUS II Konturen an. Der Dialog zwischen „Alt“ und „Neu“ sollte in einem weiter gefassten Sinn erfolgen. Der zeitliche Bogen spannte sich nun von der mittelalterlichen Sakralkunst bis hin zur informellen Malerei eines K. O. Götz. Im Jahr 2015 konnten die Werke von 28 Künstlern im Museum gezeigt werden. 




Die Resonanz war überwältigend und dieses mal hat es bis zur Konzeption von NEXUS III nicht so lange gedauert. Jetzt findet der Dialog mit einem ganz anderen Kunstwerk statt – der Festung Ehrenbreitstein. Das Gemäuer, die Geschichte, die Lage, einfach alles kann und darf sich in den Werken der 28 teilnehmenden Künstler widerspiegeln. Das Spektrum der ausgestellten Werke wird wieder sehr breit ausfallen. Neben Plastiken, Gemälden, Fotografien, Installationsarbeiten werden auch Klang- und Medienkunst zu sehen und zu erfahren sein. 



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1. Martine Andernach







Idol

Martine Andernach sucht den Dialog, die Verbindung zur uralten Geschichte der Festung Ehrenbreitstein, angeregt durch die archäologische Sammlung des Landesmuseums. Ihre Referenzwerke sind drei ca. 15.000 Jahre alte Frauenfiguren aus der Epoche des Magdalénien (Ende der Steinzeit), die an Grabungsstellen in Gönnersdorf und Andernach gefunden wurden. Die Künstlerin, deren skulpturales Werk aus der klaren Reduktion menschlicher Gestalten und Körperfragmente auf einfache, abstrahierte, fast geometrische Linien und Formen erwächst, war, ihrer eigenen Aussage nach, ihr Leben lang von der suggestiven Gestik der Kunst der Urzeit fasziniert.
Bei den sogenannten Venus-Figuren aus Gönnersdorf und Andernach ist die Silhouette des menschlichen Körpers im Profil dargestellt. Sie sind unverziert, haben einen stabförmigen Oberkörper, weder Kopf noch Füße, dafür aber ein stark akzentuiertes, rundliches Gesäß. Dass es sich dabei überhaupt um Frauenfiguren handelt, konnte erst durch den Vergleich mit anderen, ähnlichen Fundstücken anderer Ausgrabungsorte bewiesen werden, von denen einige im Bereich des Oberkörpers eine leichte Andeutung von Brüsten vorweisen. Die länglichen, schlanken, mit wenigen Rundungen versehenen Frauendarstellungen unterscheiden sich zudem sehr stark von den ausladenden, üppigen und ausgeprägt weiblichen Formen anderer bekannterer urzeitlicher Frauendarstellungen, wie etwa der berühmten „Venus von Willendorf“, die einer noch früheren Epoche der Menschheitsgeschichte entstammt. In Bezug auf ihre Bestimmung als Kultobjekte von weiblichen Fruchtbarkeitsgöttinnen besteht in der Forschung eine ausgiebige Diskussion. Ihre nicht gänzlich bestimmbare Funktion animiert den Betrachter, selbst verschiedene Szenarien und Vorstellungen anzustrengen, wobei die Ästhetik, Denkweisen sowie die Gefühlswelt von Menschen aus längst vergangenen Zeiten bereits an sich schon ein Faszinosum darstellen.
Idol heißt Martine Andernachs Werk – vom Namen her zunächst ein Hinweis auf die Wesens- und Gestaltungsart der urzeitlichen Figuren, auf die die Künstlerin Bezug nimmt. Die gänzlich in ockergelb patinierte, emporgestreckte Cortenstahlplastik zeigt im oberen Bereich eine geometrische, langgestreckte, durch weiche Bogenschwünge anthropomorph anmutende Form, die über einen dünnen Stab mit dem sockelartigen und zugleich tragenden Unterkörper verbunden ist. Dieser untere Bereich trägt, schützt und isoliert zugleich die obere Partie, welche auf den ersten Blick als das eigentliche, zentrale Objekt wahrgenommen wird. Die Zusammengehörigkeit beider Bereiche, des oberen und des unteren, wird durch den dünnen mittigen Stab markiert, der die obere Form zugleich im Gleichgewicht hält – ein ausgesprochen wichtiger Bestandteil innerhalb der Gesamtkonstruktion der Plastik, die dadurch leicht, fragil und zugleich beschwingt erscheint.

Martine Andernachs Arbeiten, seien es Ganzkörperdarstellungen oder Fragmentpartien des menschlichen Körpers wie Köpfe oder Torsi, weisen stets eine zunehmende Radikalisierung der Flächenschnitte, charakterisiert durch die subtile Eleganz des Linienschwungs und des Gesamtkörpervolumens, auf. Jedoch fehlen ihr nie erzählerische Elemente sowie die Kontextualisierung in einem thematischen Gesamtbereich. Ihr Idol gemahnt an Arbeiten wie den, „Vogel im Raum“ von Constantin Brâncuşi oder an Naum Gabos motorgetriebene „Kinetische Konstruktion“, die, in Bewegung gesetzt, die Entmaterialisierung des durch die rotative Bewegung transparent erscheinenden Objekts nahelegt. Doch anders als bei Brâncuşi und Gabo wird bei Andernach die plastische Form nicht aufgelöst, sie droht nicht ihre Verbindung zum Sockel zu verlieren und ins Immaterielle zu entschwinden, sondern sie wird festgehalten und getragen. Sie bleibt und lässt sich allseitig betrachten. Ihre Verbindung zum Irdischen ist betont sichtbar, dem Menschen nah, lässt sich bewundern und tritt in einen dauerhaften Dialog mit dem Betrachter. Einem Idol aus Urzeiten ähnlich, vermag Andernachs Plastik die Beziehung zwischen dem Menschen und seinem Gottesbild aufzuzeigen, ein Bindeglied zwischen Irdischem und Überirdischem, Materie und Geist, zwischen dem schwierigen Prozess der handwerklichen Gestaltgebung und künstlerisch-geistiger Formfindung.

[Autor: Suzana Leu]
 
Studie I-III


2. Ines Braun




Konzept:

Pfeffer im Arsch

Wie ein Militärpferd beschaffen sein sollte, war schon Mitte des 18. Jahrhunderts schriftlich festgelegt. Wobei nicht nur die Fellfarbe wichtig war, schließlich konnte man von der Farbe des Pferdes auf seinen Charakter schließen, sondern auch weitere Eigenschaften definiert waren. So sollte ein gutes Militärpferd „fromm“ sein – ein tückisches Pferd sei schließlich gefährlich im Umgang mit dem Menschen. Es sollte beherzt sein – denn feige Pferde seien als Soldatenpferde völlig ungeeignet. Die Lebhaftigkeit des Pferdes aber galt als herausragend positives Merkmal, denn trägen Pferden „[…] mangele es bereits an der Motivation zur Vollkommenheit“.[1]
Die Rheinische Train-Abteilung Nr. 8 war zeitweilig auf Ehrenbreitstein untergebracht. Ihr unterstanden unter anderem die Ausbildung der jungen Pferde und die Pferdebeschaffung.“ Gut 100.000 Pferde zählte um 1900 der Gesamtbestand im kaiserlichen Heer. Der Pferdehandel stand in voller Blüte, und Tricks und Täuschungsmanöver, um die Pferde geeigneter für den Militärdienst erscheinen zu lassen, waren weit verbreitet. In Handbüchern zur Militärpferdausbildung findet man warnende Hinweise zu „Rosstäuschereien“. Einiges, was heute erheiternd erscheint, gehörte zu den eher harmlosen Ausprägungen: […] Es ist ein großer Uebelstand, wenn das Pferd den Schweif im Gehen zwischen die Beine ziehet, welches noch dazu ein Merkmal seiner Schwäche ist; um das also zu behindern, beißen sie ein Pfefferkorn durch, und stecken die Hälfte dem Pferde unvermerkt in Hintern, die andere Hälfte aber behalten sie im Maule. Solange das Pfefferkorn ihnen auf der Zunge beißet, spüret auch das Pferd ähnliche Empfindung davon, wodurch es den Schweif in die Höhe und vom Leibe wegzutragen gereizet wird.“[2]
Die Gaunereien der Händler waren immer darauf ausgerichtet, die Pferde wie solche von edelster Rasse und großem Temperament erscheinen zu lassen. Dazu wurden die Mähne oder graue Haare alter Tiere gefärbt, tiefliegende Augengruben „aufgeblasen“, Fohlenzähne ausgebrochen oder die Zähne alter Tiere abgefeilt. Verschiedene Operationen, um die Form der Ohren oder das Tragen des Schweifes zu richten, gehörten zu den gängigen Methoden. In den von mir eingerichteten Ställen sind zwei Kreaturen angebunden, mit denen die Rosstäuscher noch einige Arbeit haben werden. Obwohl den Tieren eine üppige Mähne Temperament verleiht, fehlt ihnen doch noch ein Quäntchen Lebhaftigkeit. Falls die vorbereiteten Operationen nichts nutzen, könnte man es ja einmal mit einem Pfefferkorn versuchen …


[1] Aus dem Pferdehandel stammende Redewendung
[2] Johann Gottfried Prizelius, Vollständige Pferdewissenschaft, 1777, S. 1 ff und 3 S. 103
 



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Ines Braun
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Projekte:

LWL- Archäologisches Landesmuseum Herne 2015
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Siegburger Stadtmuseum 2015

Sonjiang Art Museum / Shanghai / China 2014
www.continental-drift.12.blogspot.com

Emschertal-Museum / Herne 2014
www.geschlossenegesellschaft-kunst.blogspot.de
“Geschlossene Gesellschaft” (Installation) 15.06 - 30.11.2014